Kampfgeist, Mut und echt viel Spaß

Kampfgeist, Mut und echt viel Spaß

Willst du angeln, eislaufen, oder Tennis spielen? Hast Du Dich schon mal von einem Steinfels abseilen lassen oder die brasilianische Kampfsportart Capoeira ausprobiert? In der Sportakademie in Bad Blankenberg konnten sich über vier Tage im Oktober alle teilnehmenden Fair-Talent-Stipendiaten im Alter von 9-14 Jahren sportlich austoben.

In den Workshops wurde probiert und gekämpft, geschwitzt und gelacht: Beim Eislaufen lernten die Stipendiaten manches übers Stoppen, Rückwärtslaufen oder das richtige und sichere Verhalten auf dem Eis. Nach anfänglichem Misstrauen zog sich sogar der thüringische Projektleiter, Daniel Seiferheld, die Eisschuhe an und schlitterte los.

Neben Eislaufen fanden viele Stipendiaten Baseball, Capoeira und Tennis besonders spannend. Selbst die Kleinsten bewiesen hier großen Kampfgeist und zeigten eine Menge Kraft bei der Vor- und Rückhand. In einem Interview gestand ihnen ihr Tennislehrer, dass er echt viel Spaß mit ihnen hatte und seine Erwartungen an die Kinder total erfüllt wurden.

Seine Schüler fragten ihn, was ihm an Tennis denn so gefällt und er antwortete, dass er erst nach jahrelangem Suchen endlich auf diesen Sport gestoßen sei. Er suchte eine Einzelsportart und einen Sport der umfangreich und nicht einfach ist. „Außerdem“, sagte er und lachte, „wird man im Sommer immer schön braun.“

Auf die Frage der Stipendiaten, ob er denn Spaß an der Arbeit mit ihnen hatte, meinte der Lehrer: „Ja, ihr seit koordinativ sehr fit und ihr habt einen großen Willen zur Bewegung.“ Na, wenn das keinen Mut zum Weitertrainieren macht!

Zur gleichen Zeit fand in der Turnhalle Capoeira statt. Die Stipendiaten haben neben dem Kampfsport auch musiziert, gesungen und getanzt. So funktioniert der Tanzkampfsport Capoeira: eine echt interessante Mischung.

Natürlich waren die Stipendiaten am Abend schon ganz schön ausgepowert, aber das Programm mit „Hotelgolf“ und vor allem die anschließende Schatzsuche im Wald ließ alle wieder munter werden.

Zur Schatzsuche bekamen die Kinder eine Karte zur Orientierung. Für die größeren Stipendiaten gab es eine schwierigere Route, die sie trotzdem mit kleinen Problemen gemeistert haben.

Am nächsten Tag in der Sportakademie konnten die Stipendiaten „Extreme“ Sportarten ausprobieren. Darunter zählten unter anderem Mountainbiking, Abseilen und Baseball.

Beim Abseilen lernten einige Stipendiaten, wie man sich richtig von einem Steinfels abseilt und sichert. „Es war ein sehr spannender und interessanter Workshop und es hat viel Spaß gemacht.“, sagte die Stipendiatin Halima Baig auf die Frage wie sie den Workshop fand.

Im Sport will man sich auch mit anderen messen. Deshalb fanden gleich zwei Olympiaden in der großen Turnhalle statt, an der alle kleinen und großen Stipendiaten teilnahmen. Hier wollte jeder beweisen, wie er sich in den letzten Tagen sportlich steigern konnte. Zum Entspannen wurde am Abend Angeln, Slack Linen oder Yoga angeboten.

Am letzten Tag der Fair-Talent-Sportakademie fand die große Siegerehrung statt. Alle waren total gespannt, wer denn nun der große Champion unter ihnen sei. Ausgezeichnet wurden die einzelnen Bundesländer, zudem der beste Junge und das beste Mädchen und der Stipendiat, der die beste Leistungssteigerung bei der Olympiade hatte. Außerdem wurden die Besten aus der Altersgruppe 9–11 und 12-14 Jahre ausgezeichnet. Sachsen hatte hier eindeutig die Nase vorn!

Aber auch die anderen Bundesländer räumten ab: Hessen belegte im großen Ländervergleich den zweiten Platz, Thüringen konnte den dritten Rang erklimmen.

Die meisten Stipendiaten waren mit ihren Leistungen voll zufrieden. Für alle anderen galt: Dabeisein ist alles.

von Halima Baig, Marie Lüschow, Marcus Scholz und Tom Wolfahrt

Demokratie mal ganz anders

3-2-1-0. Urplötzlich stehen alle Stipendiaten still. Keiner regt sich. Es ist fast ein wenig gespenstisch, wie sich der eben noch vorherrschende Trubel mit einem Schlag in absolute Ruhe verwandelt. Bloß – was wollen die Schülerinnen und Schüler damit zum Ausdruck bringen?

26. bis 28. Oktober 2012 in der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar: Insgesamt 22 FairTalent-Stipendiaten aus Hessen, Sachsen und ganz Thüringen waren in die Goethe-Stadt gekommen, um sich ein Wochenende lang intensiv mit den Themen „Weimarer Republik“ und „Konzentrationslager“ auseinanderzusetzen.

Die eingangs genannte Situation war eine der viele Übungen, mit denen die Seminarleiter den Stipendiaten die Lage der verschiedenen deutschen Stände zur Zeit der Weimarer Republik näher bringen wollten. Die Jugendlichen sollten lernen, wie schnell die Demokratie in Gefahr gebracht werden kann, sei es durch eine Einzelperson oder gar durch eine ganze Partei.

Auch ein Besuch des nahegelegenen Konzentrationslagers Buchenwald stand auf dem Programm. Es war von Nationalsozialisten auf dem sechs Kilometer entfernten Ettersberg errichtet worden. Heute ist es eine Gedenkstätte, die von vielen Schülergruppen und Privatpersonen besucht wird.

Um die Stipendiaten auf das vorzubereiten, was sie dort sehen würden, wurden den Jugendlichen vorab Bilder gezeigt, die in dem ehemaligen KZ aufgenommen wurden. Die Stipendiaten sollten eines auswählen und kurz erklären, welche Situationen auf den Bildern dargestellt wurden und was sie zu bedeuten hatten. Was auf diesen Bildern zu sehen war, traf die Schülerinnen und Schüler tief ins Mark. Wie konnte ein solch grausamer Ort überhaupt entstehen? Für alle war unbegreiflich, wie diese furchtbaren Bilder einmal traurige Wirklichkeit gewesen sein konnten.

Auf Basis dieser Eindrücke entstanden rege Diskussionsrunden, in denen manche Antwort gegeben werden konnte, aber noch viel mehr Fragen entstanden.

Zu allem Unglück brach genau an diesem Wochenende in Deutschland der Winter ein. Der erste Schnee fiel und so lenkten sich die Jugendlichen am Abend vor dem Besuch in Buchenwald mit einer Schneeballschlacht ab.

Ein eisiger Schauer lief den Stipendiaten über den Rücken, als sie am nächsten Morgen im KZ Buchenwald ankamen. Die Winterkälte verschärfte das Unbehagen noch. Aber Buchenwald ist ein Ort, der zu jeder Zeit kalt ist. In jedem Sinne.

Am Ende der Führung durch das KZ waren die Stipendiaten um viele Eindrücke reicher. Wieder zurück in der EJBW, sollten die Jugendlichen das Gesehene auf sich wirken lassen und hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Was geschah eigentlich nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald durch die Amerikaner? Diese und andere Fragen wurden am zweiten Seminartag besprochen. Da ging es dann vor allem um das Speziallager Nr. 2, das 1945 als sowjetisches Speziallager auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald entstand. Der Seminarleiter berichtete von den vielen Menschen – von ehemaligen NSDAP-Mitgliedern und ehemaligen KZ Häftlingen –, die in diesem Lager endeten.

Der letzte Teil des Seminares bestand aus einer kleinen Führung zum Thema, wie sich die Herrschaft der Nationalsozialisten in Weimar gespiegelt hat. Die Stipendiaten waren überrascht zu erfahren, dass Weimar einst eines der Zentren der NSDAP darstellte. So wurden sie zum ehemaligen Sitz der Gestapo geführt und auch zu dem Forum, wo damals Versammlungen abgehalten wurden.

Wieder um viel Wissen reicher, beendeten die FairTalent-Stipendiaten ihr zweites Seminar zum Thema „Demokratie“. Beim Folgeseminar im kommenden Mai sollen die an diesem Wochenende besprochenen Themen weiter vertieft werden.

Mit diesem Ausblick endete das Seminar mit einem lachenden aber auch einem weinenden Auge, denn für 2012 war dies das letzte Seminar, das FairTalent-Stipendiaten aus den drei Bundesländern Hessen, Sachsen und Thüringen vereint. Bis zum nächsten gemeinsamen Termin müssen sich die Stipendiaten nun bis Anfang 2013 gedulden.

von Luisa Urban

Wir rappen Goethes “Faust”

Wir rappen Goethes “Faust”

Es ist 9 Uhr morgens, als sich zwölf Stipendiaten im Schauspielhaus Frankfurt treffen, um an diesem Tag etwas über Goethes “Faust” zu erfahren. 9 Uhr morgens, während Freunde und Klassenkameraden noch gemütlich im Bett liegen  – es sind nämlich Ferien. Doch wir, begeben uns auf die Spuren vom Dichter Goethe.

Nach einer kurzen Vorstellung aller Teilnehmer geht es gleich los: In verschiedenen Laufbewegungen maschieren wir alle durch den Raum – langsam, mittel, schnell. Jeder soll dabei seinen eigenen Weg gehen und darauf achten, keine andere Person  anzurempeln. Dann machen wir eine Übung, bei der sich das Lauftempo unter uns Stipendiaten ändert, ohne dass wir miteinander sprechen. Kommunikation ohne Worte also. Aber was hat das mit Goethe zu tun?

Jetzt kommt eine Partnerübung, die alle lustig finden: Wir führen uns gegenseitig wie Blinde durch den Raum. Erst an der Hand, dann nur noch mit Worten oder Geräuschen. Wenn der Blinde dem Geräusch nicht mehr folgen kann, bleibt er stehen.

Als wir uns einen Satz aus dem “Faust” aussuchen sollen, der uns gefällt, verstehen wir schon mehr, dass es hier um Goethe und seine Dichtung geht. Jeder, der seinen Satz gefunden hat, ist aufgefordert, ihn im Workshop-Raum auf unterschiedliche Art aussprechen. Wir sollen Goethes Sprache in uns wirken lassen und sie uns für ein paar Minuten ausleihen.

Wir dürfen mit ihr machen, was wir wollen und sie frei performen. Manche entwickelten mit Fetzen aus “Faust” ein kleines Rollenspiel, andere singen oder rappen ihren Text.

Nächster Abend: Ein Freitag. Wir Stipendiaten finden uns wieder am Schauspielhaus ein. Jetzt bekommen wir die Aufführung der Profis zu sehen. Üeberall tummelten sich Menschen, manche mehr oder weniger fein gekleidet. Der Saal füllt sich, der Vorhang fliegt zur Seite und die Bühne erscheint im Scheinwerferlicht.

Wir sehen auf der Bühne einen alten Mann mit grauen zerzausten Haaren. Er hat sich über seine Büchern gebeugt und sieht ziemlich frustriert dabei aus. Aber gebildet scheint er zu sein.

In Goethes Faust geht es darum, dass “Faust”, der alte Mann mit den zerzausten Haaren erkennt, dass ihm das Wissen, das er in seinem Leben erlangen wird, nicht genug ist. Er will die ganze Welt verstehen. Mephisto, eine teuflische Gestalt, bietet Faust übernatürliche Kräfte an. Im Gegensatz dazu verpflichtet er sich, Mephisto im Jenseits zu dienen. Dass Mephisto versucht, Faust für sich und das Böse zu gewinnen, weil er eine Wette mit Gott laufen hat, weiß Faust jedoch nicht. Der alte Mann reist mit Mephisto durch die Welt und trifft eines Tages auf das junge Gretchen.

Faust kann Gretchen für sich gewinnen. Und um sie ungestört besuchen zu können, besorgt Mephisto einen Schlaftrunk für Gretchens Mutter, welcher sie jedoch letztlich tötet. Nach Fausts Besuch wird Gretchen schwanger. Ihr Bruder Valentin will sich rächen, doch er wird von Faust mit Mephistos Hilfe erstochen.

In der Zwischenzeit hat Gretchen, um der Schande zu entgehen, dass sie ein Kind hat mit einem Mann, mit dem sie nicht verheiratet ist, ihr Kind ertränkt und wird deswegen als Kindesmörderin zum Tode verurteilt. Faust will ihr helfen, aber Gretchen lehnt ab und akzeptiert die Strafe des Gerichts für ihr Vergehen.

Die interessante Gestaltung des Stücks – es werden zwischenzeitlich auch Lieder gesungen, die von Klavier oder Gitarrre begleitet werden – versüßt uns jungen Zuschauern die drei einhalb Stunden der Aufführung – und zeigt, wie viel in dem alten Text von Goethe steckt. Die Schauspieler werden von allen Zuschauern am Ende der Vorstellung total beklatscht. Mephisto, der seine Rolle verwitzt spielte, bekommt mit Abstand am meisten Beifall.

Goethes “Faust” ist ja eigentlich eine Tragödie, aber manchmal wirkte das Stück wie Comedy.

von Umeer Khan und Eren Yildiz

Geld allein ist nicht alles

Engagierte Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu unterstützen – das ist das Ziel der Roland Berger Stiftung. Wie sie das tut? Mit einem individuellen Förderprogramm.

Sie steht auf, dreht sich um, blickt auf den Schreibtisch. Ihre Hand greift nach der obersten Visitenkarte auf dem Tisch. Die Bewegungen sind fließend. Routiniert. Professionell. Diszipliniert. Sie trägt ein Businesskostüm, Schuhe mit Absatz. Lächelnd wendet sie sich wieder ihrem Gegenüber zu. Regina Pötke – steht auf der Karte – Vorstand der Roland Berger Stiftung.

Die Roland Berger Stiftung verfolgt zwei Ziele: Sie zeichnet Personen weltweit aus, die sich um die Menschenwürde verdient gemacht haben, und kümmert sich um Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien, um ihnen zur bestmöglichen Ausbildung zu verhelfen. Sie richtet sich an Kinder und Jugendliche, die bereit sind, Zeit und Engagement in ihre persönliche, aber auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zu stecken. Nicht alle Stipendiaten sind gleichermaßen begabt, nicht jeder Stipendiat hat einen Migrationshintergrund, aber alle haben eine Geschichte. Jeder Stipendiat ist etwas Besonderes. Was die Roland Berger Stipendiaten einzigartig macht, sind die breite Interessenfächerung, die enorme Motivation und das gemeinsame Ziel, die Schule mit der allgemeinen Hochschulreife zu verlassen. Roland Berger Stipendiaten wollen etwas bewegen. Deshalb werden sie von der Stiftung bis zum Abitur begleitet, unterstützt und gefördert. Seit dem Überreichen der Stiftungsurkunde im März 2008 ist viel geschehen. Inzwischen hat die Roland Berger Stiftung 500 Kinder und Jugendliche in ihr Deutsches Schülerstipendium aufgenommen.

Nationalen und internationalen Studien zufolge geschieht in Deutschland immer noch zu wenig, um Chancengleichheit zu schaffen. Familiärer, sozialer und finanzieller Hintergrund haben hier nach wie vor zu großen Einfluss auf die persönliche und berufliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Doch was tut der Staat dagegen? Kommunale Einrichtungen wie Übermittagsbetreuungen oder Nachhilfeprojekte decken oft nur einen Teil des Problems ab, staatliche Initiativen werden häufig nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode geplant und wirken damit oftmals nicht nachhaltig genug.

An dieser Stelle setzen private Stiftungen an. Es gibt Stiftungen, die spezielle Förderprogramme für Migranten anbieten, Auslandsaufenthalte fördern, oder Forschungsprojekte unterstützen. Es gibt die klassischen Studienstipendien und Stipendien für Doktoranden. Die Roland Berger Stiftung hingegen richtet sich gezielt an begabte Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligen Familien schon ab der Grundschule und bietet ihren Stipendiaten ein kontinuierliches, individuelles Förderprogramm. Aus diesem Grund lässt sich das Konzept der Stiftung nicht in die typische Begabtenförderung einordnen. Die finanzielle Unterstützung ist wichtig. Aber im Vordergrund steht die ideelle Förderung. Ziel des Stifters und der Stiftung ist es, Persönlichkeiten zu fördern, Stärken zu entwickeln und zu vermitteln, wie man mit Schwächen umgeht. „It‘s character that creates impact“ lautet der Slogan der Unternehmensberatung Roland Berger. Gleiches gilt auch für die Stiftung, deren Interesse nicht in der (Aus-)Bildung von Insel-Begabungen liegt, sonder vielmehr in der umfassenden Betreuung und Unterstützung der Stipendiaten. Das Programm der Stiftung sieht keinen festen monatlichen Betrag vor, sondern hält für jeden Stipendiaten ein jährliches Budget bereit, aus dem Seminare, Projekte und Einzelleistungen, wie beispielsweise die Übernahme der Kosten einer Studien- oder Sprachreise, finanziert werden. Zudem hat jeder Stipendiat Anspruch auf einen eigenen Laptop, um die Teilnahme am medialen Leben zu ermöglichen. Die Kinder und Jugendlichen bekommen die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, wertvolle Kontakte zu knüpfen und Wissen zu erlangen. Dies alles bedeutet Rückhalt und Sicherheit, aber auch Verantwortung.

Wie viel Zeit nimmt das Förderprogramm in Anspruch? Vernachlässigen die Stipendiaten aufgrund des intensiven Stipendiums andere Bereiche? „Nein“, erwidert Benjamin, ohne lange zu überlegen. Er ist einer der bundesweit 500 Stipendiaten. Auch Katharina fühlt sich nicht überfordert. „Die Seminare sind gut verteilt“, betont die Schülerin aus Nordrhein-Westfalen.

In der noch kurzen Stiftungsgeschichte kann die Roland Berger Stiftung bereits auf große Erfolge zurückblicken. Doch es gibt noch einiges zu tun: Manche Stipendiaten sind zum Beispiel am Anfang noch unsicher, wie sie in der Schule auftreten sollen. Seminare zur Selbstwirksamkeit sind deshalb ein wichtiger Bestandteil des Stipendiums, das die Kinder und Jugendlichen in insgesamt zehn Lernbereichen unterstützt.

Für die Zukunft wünscht sich Regina Pötke, dass die Stipendiaten mit Migrationshintergrund sich besser im deutschen Schulsystem und in der deutschen Sprache zurechtfinden, um ihre Talente voll entfalten zu können. Umgekehrt sollen deutsche Kinder lernen, offen und respektvoll mit anderen Kulturen umzugehen, „denn dann wird es viele Probleme in unserer Gesellschaft nicht mehr geben und Ressourcen können dafür verwendet werden, worauf es eigentlich ankommt: Alle Kinder gleichermaßen für die Zukunft zu stärken, unabhängig von Hautfarbe, Nationalität und Sprache, und sicherzustellen, dass sie die Chancen bekommen, die sie verdienen“. Das Deutsche Schülerstipendium der Roland Berger Stiftung soll ein Vorbild für andere Institutionen werden und möglichst viele Nachahmer finden.

Stiftungen können in Deutschland Impulse geben und für eine nachhaltige gesellschaftliche Veränderung sorgen. Um die Effizienz des Programms sicherzustellen, wird die Roland Berger Stiftung durch eine wissenschaftliche Begleitung evaluiert. Dadurch können Erkenntnisse aus der Bildungs- und Entwicklungsforschung später auch im öffentlichen Bereich angewendet werden.

Zurück im Obergeschoss der Münchener Highlight Towers, dem Sitz der Roland Berger Stiftung. Der Stahl des Gebäudes glänzt, das Sonnenlicht spiegelt sich in den Glasfronten 146 Meter über der Erde. Die Stiftung will hoch hinaus. In vier Bundesländern begann das Programm, seither sind in Kooperation mit der Deutschen Bank und einigen anderen fördernden Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen weitere hinzugekommen. Inzwischen bietet die Roland Berger Stiftung das Deutsche Schülerstipendium bundesweit an. Aber damit nicht genug. „Wenn es nach uns geht, sollen es noch sehr viel mehr Stipendiaten werden“, sagt Regina Pötke. Darum ist sie auch ständig in ganz Deutschland unterwegs, um das Stipendium bei potenziellen Förderern vorzustellen und weitere Unterstützer zu gewinnen.

Der Stapel Visitenkarten auf Frau Pötkes Schreibtisch ist groß. Nicht mehr lange.

von Aylin Bahcekapili, Amna Franzke, Samira Al Omari

„Es geht um die Kinder!“

150 Kinder und Jugendliche machen sich auf den Weg zu einer Konferenz.
Weil Konferenzen einfach wichtig sind.

Eigentlich sollte es eine Probenpause werden, kein Abschied. Aber dann, ein unbedachter Moment, ein kurzer Ausrutscher und plötzlich ist alles anders. Das war’s mit der „Konferenz der Tiere“ für „Elefant“ Umeer. Diagnose: Knöchelbruch. Dabei wollte er doch nur mal kurz zwischendurch kicken.

Aber Umeer ist nicht der einzige Unglückliche. Krankenhausbesuche sind keine Seltenheit während der Probenphase zur „Konferenz“. Allein eine Woche vor der Premiere müssen drei Stipendiaten ins Krankenhaus gebracht werden. Zum Glück kommt es zu keinen weiteren Ausfällen, aber das Fußballspielen – das wird vorsichtshalber erst einmal bis nach der Premiere verboten.

Und das alles wegen einer Konferenz?

Szenenwechsel: Einige Wochen vor der Premiere, ebenfalls in Dresden.
Die letzten Schüler des Carl-Maria-von-Weber-Gymnasiums sind längst nach Hause gegangen und schon im Wochenende, da strömt plötzlich eine neue Schülerschar durch die Hintertüren des Sächsischen Landesmusikgymnasiums für Musik in Dresden. Sie sehen erschöpft aus, die 150 FairTalent-Stipendiaten der Roland Berger Stiftung, besonders die Thüringer und die Hessen. Viele Stunden haben sie in den Bussen verbracht, um sich schließlich zum nächsten Probenwochenende in Dresden zusammenzufinden.

Und das alles wegen der Konferenz.

Das Lernen fällt den FairTalent-Stipendiaten nicht schwer. Und trotzdem – jeden Monat ein Wochenende opfern für die „Konferenz“-Proben? Das ist schon ganz schön viel verlangt! „Es ist schon anstrengend, nach einer stressigen Woche auch am Wochenende noch zu proben, aber die Freude über den Fortschritt der Proben und über das Wiedersehen mit den Freunden aus der Stiftung lässt alle Anstrengung ganz schnell vergessen“, sagt eine Stipendiatin zwar müde, aber zuversichtlich.

Der Weg zur Konferenz. Ein Seitenblick zu den Proben in Thüringen und Hessen.
The early bird catches the worm: Bei der Ferienakademie in Thüringen erscheinen alle Stipendiaten pünktlich frühmorgens zum Warm-Up – naja, fast alle. Eine laute Stimme ertönt und es wird augenblicklich so still, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte, ehe Musik im Raum erschallt.

In Hessen geht es weiter mit „Schritt und Schritt und Drehung“ bei der Probe für den Afrikasong. Immer mehr lassen sich die ersten Erfolge sehen. „So langsam ist es schon bühnenreif“ meint ein Stipendiat, dessen Optimismus noch nicht der großen Probenmüdigkeit zum Opfer gefallen ist. Ein paar Stunden nach der Tanzprobe macht sich die Duftnote des Schweißes bemerkbar. Aber keineswegs auf eine unangenehme Weise. Der Schweiß steht für die unermüdliche Arbeit und die enorme Kraft, die jeder in dieses Projekt investiert.

In Thüringen sind inzwischen alle Stipendiaten aus dem Probensaal der EJBW Weimar verschwunden. Die Tür geht langsam auf und der 8-jährige James alias Ulumwaba tritt ein. Ist es denn überhaupt möglich, dass dieser kleine Mensch schon verstehen kann, wie wichtig auch die kleinste Rolle für das gesamte Stück ist? Oft schütteln die Älteren nur die Köpfe über die Kleinsten. Denn während die Mitarbeiter der Semperoper wichtige Anweisungen geben, tollen sie herum und spielen. Konzentration wird nicht bei allen groß geschrieben, aber das gilt nicht nur für die Kleinen…

Dazu kommt noch, dass vielen noch nicht so ganz klar ist, wie sich die eben geprobte Szene in das große Ganze der „Konferenz“ fügt, denn Durchlaufproben sind zu diesem Zeitpunkt selten, probt doch jedes Bundesland erst mal für sich. Die Kunst steckt im Detail.

„Es ist wirklich sehr verwirrend“, stöhnt ein Stipendiat leicht verzweifelt. „Wir hatten bisher nur regionale Proben in unserem eigenen  Bundesland und kennen das gesamte Stück noch nicht richtig. Erst später werden wir zusammenfügen, was zusammen gehört, heißt es. Jetzt sind wir noch nicht so weit.“

Unter diesen Voraussetzungen starten die ersten gemeinsamen Proben bei der Ferienakademie in Sachsen. Das kann ja heiter werden! Die Stipendiaten sollen einen Überblick bekommen, wann welche Szene im Stück vorkommt und was davor schon alles geschehen ist, heißt es. Das Team von der Semperoper ordnet an, dass jeder Stipendiat sich einmal die Szenen der anderen Bundesländer ansehen sollte, um die Zusammenhänge für sich zu erschließen. Wenn das nur so einfach wäre!

Und dann, endlich – die erste Begegnung mit der Semperoper Dresden. Was für ein Gefühl, als wir dieses große Haus betreten. Doch neben allem Staunen und aller Bewunderung machen sich plötzlich auch Zweifel breit: „Hier sollen wir auftreten? Hier, in diesem geschichtsträchtigen Gebäude, wo sonst nur Profis auf der Bühne stehen? Wie viele Personen fasst die Oper, 1.400? Die werden uns alle zusehen?“ Nervöses Tuscheln geht durch die Reihen der Stipendiaten.

Es heißt, „die Stiftung habe eine Kooperation zur Semperoper gesucht – und gefunden“. Warum? „Vermutlich, weil wir hier sicher gehen können, auf ein Team zu stoßen, das mit uns wirklich professionell arbeitet“, versuchte ein Stipendiat die Frage zu beantworten. Wieso aber nun eigentlich „Die Konferenz der Tiere?“ In dem Roman von Erich Kästner geht es ja bekanntlich darum, dass die Tiere beschließen, es sei allerhöchste Zeit, eine eigene Konferenz zu halten. Die Bemühungen der Erwachsenen, ihre Probleme wie Krieg und Armut in den Griff zu bekommen, sind bisher nur gescheitert. Die Tiere fürchten um ihr eigenes Wohl und vor allem auch um das der Kinder. „Denn sie sind die Hoffnung von morgen!“, brüllt der Löwe einmal im Stück. Diese Aussage soll nicht nur an die Zuschauer gerichtet sein, sondern gibt vielmehr auch den Stipendiaten zu verstehen, dass sie einmal die Erwachsenen sein werden, die Entscheidungen treffen. 150 kleine Hoffnungsträger, die sich sich ihrer Verantwortung immer bewusster werden. Deshalb also „Die Konferenz der Tiere“.

Und dann wäre da noch der ganz einfache Grund, „dass möglichst viele Stipendiaten die Chance bekommen sollen, teilzunehmen“, wie der Librettist Manfred Weiß erklärt. Es sind 150 Kinder und die wollen natürlich auch beschäftigt werden.“

Doch wie macht man ein Stück wie dieses für Kinder derart ansprechend?
Mit dieser Frage hat sich vor allem Johannes Wulff-Woesten beschäftigt, der die Musik zur „Konferenz der Tiere“ komponierte. Es sollte eine Mixtur aus Slapstick, Filmmusik und einem Hauch von Oper werden, um die Kinder dazu anzuregen, sich mit Freude zu präsentieren und sich auch in den Melodien wiederzufinden.

„Die Konferenz der Tiere“ ist ein zeitloses Stück, das eine wichtige politische Botschaft in sich trägt: Gebt den Kindern eine Stimme! Versucht nicht, sie nach Euren eigenen Vorstellungen zu formen, sie zur Vernunft zu bringen und sie zu einem Abbild Eurer selbst zu machen. So wird sich die Welt nie ändern!

Und wie sie zum Nachdenken anregt, diese Konferenz! Am Ende eines Jahres harter Arbeit und intensiver Proben haben die Stipendiaten die Botschaft des Stücks verinnerlicht und brennen dafür, sie zu vermitteln. Auch die Dynamik der Gruppe hat sich sehr verändert: „Wir sind so viel mehr zusammengewachsen, es ist unglaublich!“, sagt zum Beispiel eine Stipendiatin, als man sie zur Stimmung hinter den Kulissen befragt. Und ja, wirklich, die Stipendiaten fühlen sich tatsächlich wie „Stiftungs-Familie“, wo es auf jeden einzelnen ankommt. Man hilft einander, die Kostüme anzuziehen, und auch dabei, den Druck gemeinsam zu ertragen, der ohne Zweifel auf jedem einzelnen lastet.

Vielleicht ist genau dieser Zusammenhalt der Faktor, der das Theaterstück so einzigartig macht. 150 Kinder und Jugendliche fiebern der Premiere entgegen und können es nicht erwarten, in ihren eigens für sie angefertigten Kostümen die eigens für sie geschriebene Rolle auf die Bühne bringen. Wilde Löwen bekommen zittrige Beine, Gazellen vergessen ihre Texte und vor allem die Grönland-Touristen, die als erste auf der Bühne zu erscheinen haben, sind nicht mehr ansprechbar. Die Ansprache von Roland Berger, bevor der Vorhang sich hebt, scheint ewig lang zu sein. Adele, eine Grönland-Touristin, die die ganze Zeit schon auf der Bühne stehen muss, wirkt angespannt. Die Freude, die erst kurz vorher noch sprudelte, scheint verflogen. Dann erklingt die Ouvertüre, dirigiert von Johannes Wulff-Woesten, dem Komponisten. Energisch führt er den Taktstock und treibt das Orchester des Sächsischen Landesmusikgymnasiums Karl Maria von Weber in Dresden zu Höchstleistungen an. Dann endlich die Erlösung: Es geht los. Alle Anspannung scheint vergessen und man ist vollkommen in seiner Rolle. Die Stipendiaten, die gerade nicht auf der Bühne stehen, sammeln sich in den Garderoben und verfolgen das Stück über den Bildschirm. Immer wieder sind „Einrufe“ von Tiergruppen zu hören. Es herrscht Hektik. Da läuft eine Kojotin über den Flur, um genügend Zeit zu haben, ihr nächstes Kostüm – das der Aviaqu – anzuziehen.

Die über ein Jahr geprobten Abläufe müssen jetzt perfekt funktionieren. Eine Stipendiatin versichert uns, dass alle nervös sind, etwas könnte schief laufen. Vor allem nachdem am Vortag bei der Generalprobe eben nichts großartig danebengegangen war – am Theater üblicherweise ein ganz schlechtes Omen für die Premiere. Aber zum Glück hat es wohl gereicht, dass Mareike, die „Mutter“, bei der Generalprobe am Ende ihres Solos gestolpert ist.

Dann Schnitt. Alles wird dunkel. Es ist vorbei. War das alles nur ein Traum? Ein wunderschöner, langer Traum mit Höhen und Tiefen, der jetzt zu Ende geht? Nein, das Licht geht an. Die Zuschauer springen von ihren Sitzen auf und jubeln laut. Standing Ovations! Es ist geschafft.

Das Publikum und die Kritiker sind begeistert: „Wir sind sprachlos. Was die Stipendiaten da heute geleistet haben, ist unglaublich! Wir freuen uns sehr, dabei gewesen sein zu dürfen“, sagt ein Mentor aus Thüringen. „Ein gelungenes Projekt für junge Menschen und eigentlich zu schade, um es nach zwei Aufführungen zu den Akten zu legen“, heißt es in der Sächsischen Zeitung.

Allen Stipendiaten steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. „Es hat geklappt! Kein Fehler! Unsere Aussage ist angekommen: ‚Es geht um die Kinder!’“

Vorbei ist die Konferenz. Es darf wieder Fußball gespielt werden!

von Raphael Fischer, Farnaz Nasimiarini, Noelle Roensch, Luisa Urban, Marcus Scholz, Eren Yildiz

Ohne Netz

„Früher hat man halt das genommen, was da war. Das war auch nicht viel besser.“ Jetzt geht sie nach der Arbeit noch zu Netto, „Obst und so“ kaufen. Das kann sie aber unmöglich einen Fortschritt nennen. Wo ist es also, das bessere Leben nach dem Abitur?

Das weiß Alina noch nicht so richtig. Wir sitzen mit MacBook und Bionade im Berliner Büro der Roland Berger Stiftung und unterhalten uns über ihr Leben nach dem Abitur – ihr momentanes und noch kommendes. Und wie die Stiftung sie dabei unterstützt hat.

Mit ihren 19 Jahren wirkt sie schon sehr erwachsen. Als Veganerin passt sie ins „alternative Berlin“. Das hat den Vorteil, dass sie schon früh selbstständig werden musste, da sie selbst viel für sich kochen musste, sich selbst versorgen musste – es sollten sich ja nicht alle umstellen, nur weil sie sich auf einmal vegan ernährt.

Alina weiß sich auszudrücken, spricht sehr überlegt. Ob sie Schulstress hatte? „Nö. Ich wusste ganz genau, dass ich keinen Numerus Clausus brauchte, und auch ohne mich hinzusetzen einen Abiturdurchschnitt von 1,4 schaffen würde.“ Bei ihr lief vieles ohne Probleme. Sie weiß sich durchzusetzen – auch wenn sie relativ klein ist. Aber das stört sie nicht, da steht sie drüber.

„Ohne Netz, schreibe ich meiner Freundin manchmal Briefe“, sagt Alina und fügt weiter hinzu: „Dinge, die man Zuhause als selbstverständlich empfunden hat, sind in meiner Situation ein Luxus“, und nimmt damit Bezug auf das fehlende Internet in ihrer Wohnung. Zurzeit absolviert die frischgebackene Abiturientin ein Praktikum als Online-Redakteurin bei der Aktion „Netz gegen Nazis“ der Antonio-Amadeu-Stiftung und lebt bei ihrer Tante und ihrem Onkel in Berlin-Pankow. Eine eigene Wohnung kann sie sich nicht leisten, dennoch wirkt sie mit ihrer Situation zufrieden. So viel Glück wie sie haben nicht alle angehenden Studenten bei der Wohnungssuche. Bei vielen Hochschülern scheitert die Einschreibung für das neue Semester an der Wohnungssituation in den jeweiligen Unistädten. Als Praktikant oder Student ist es noch schwieriger eine geeignete Bleibe zu finden, da man kein festes Einkommen vorweisen kann und meist keine freie Zeit zum „Jobben“ hat. Da die Lebensunterhaltskosten und Mieten in Deutschlands Großstädten immer höher werden, ist ein „Mini-Job“ jedoch von elementarer Wichtigkeit.

Durchschnittlich beträgt der aktuelle Mietpreis für eine 1,5 bzw. 2 Zimmer Wohnung in der Bundeshauptstadt zwischen 400 und 650 Euro – Tendenz steigend.

Darüber wurde auch in dem Seminar „Abi – Was dann?“ gesprochen, mit dem die Roland Berger Stiftung ihre Stipendiaten auf das „Leben danach“ vorbereiten will. Ein Thema, das dankbare Zuhörer fand, denn alle Studenten – von welchen Universitätsstädten sie auch kamen – hatten Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden, bzw. das Dach über dem Kopf überhaupt zu finanzieren. Sie haben Anträge beim BAföG-Amt eingereicht, haben sich um Stipendien beworben und kämpfen sich jetzt mehr schlecht als recht von Tag zu Tag.

Alina hatte großes Glück. Sie hatte die Roland Berger Stiftung an ihrer Seite. „Abi – Was dann?“ war nicht das einzige Seminar zu diesem Thema. Studienberatung – Selbstmanagement – die Mutmacher. All diese Angebote unterstützen die Stipendiaten in ihrer Zeit als Schüler und bereiten sie auf das spätere Leben vor. Beim Selbstmanagement lernt man etwa, wie man sich seine Ziele stecken muss, damit man sie dann irgendwann auch wirklich erreicht. Dazu nimmt sich die Referentin nicht nur in den Seminaren Zeit, sondern auch in persönlichen Gesprächen mit den Stipendiaten – so wie sie das eben auch bei Alina getan hat. Und wenn man Fragen zum Studium hat, kann man sich an die Alumni der Roland Berger Stiftung wenden, alle selbst studierende Ex-Stipendiaten, zu denen jetzt auch Alina gehört.

Aber das ist nicht das einzige, was Alina noch mit der Roland Berger Stiftung verbindet. Neuerdings begleitet sie auch Seminare der Stiftung als „Betreuerin“ für die kleineren „Stipis“, wie die Stipendiaten liebevoll genannt werden.

Die junge Frau hat ein erklärtes Ziel: Sie möchte Kulturreflexion und Philosophie an der Universität Witten-Herdecke studieren. Und Alina steuert fest entschlossen auf dieses Ziel zu.

Nicht alle Stipendiaten wissen schon so früh und so sicher, welchen Weg sie nach dem Abitur einschlagen wollen. Sie müssen sich erst einmal einen Überblick über die vielen Möglichkeiten verschaffen, die ihnen plötzlich offen stehen: Man kann direkt  an die Uni gehen, eine Ausbildung beginnen, ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren und noch vieles mehr. Wie nur soll man sich bei dieser Vielfalt entscheiden? Kann man sich schon so früh festlegen? Jede Entscheidung für etwas ist doch immer auch gleichzeitig eine Entscheidung gegen etwas anderes. Aber welche Entscheidung ist die Richtige?

Alina zweifelt keinen Moment. Sie hat ihr Ziel weiterhin ganz klar vor Augen – das Studium an der Universität Witten-Herdecken. Denn heute nimmt sie nicht mehr nur dankbar das an, was ihr gegeben wird, sondern besorgt sich eigenständig auch alles, was sie sonst noch braucht. Und irgendwann auch nicht mehr nur von Netto.

von Hannes Dietrich, Timo Janosch, Yuliya Javier Velarde, Benjamin Lewerenz und Katharina Tretsiachenka

Erste Flugversuche

Mit dem Deutschen Schülerstipendium begleitet die Roland Berger Stiftung begabte Kinder und Jugendliche zum Abitur. Und dann?

Geschafft! Endlich! Das Abi in der Tasche. Die große Freiheit. So frei, dass einem alle Türen offen stehen. Der Weg bis zu diesen Türen begleitet von einem Stipendium. Zwei Jahre Roland Berger Stiftung, zwei Jahre Rückhalt, zwei Jahre Sicherheit liegen hinter Amna. Doch wie geht es jetzt weiter? Zweifel, Angst, Unsicherheit. 1000 Möglichkeiten, aber welche ist die richtige? Wer hilft bei diesen Entscheidungen, wenn man Stipendiat der Roland Berger Stiftung war? Es sind die ersten Flugversuche in Richtung Selbstständigkeit. Doch wie setzt man die Flügel richtig ein?

„Ich habe jetzt ein Zimmer für mich alleine.“ Ein  nachdenklicher Blick und dann lächelt sie wieder. Sie sitzt am Tisch, isst nebenbei ihre Gemüsepfanne und erzählt, was jetzt anders ist. Sehr selbstbewusst gestikuliert sie mit den Händen und unterhält sich mit fünf Stipendiaten der Roland Berger Stiftung.  Auch sie war bis vor Kurzem Schülerstipendiatin der Roland Berger Stiftung. Eben bis zum Abitur im Juni.

Sie gehört immer noch dazu, „aber irgendwie nicht mehr richtig.“ Amna zählt jetzt zu den Betreuerinnen, die auf Seminaren der Roland Berger Stiftung vor allem den jüngeren Stipendiaten durchgängig für Fragen und Unterstützung zur Verfügung stehen.  „Es fühlt sich anders an“, sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht, fast schon ein wenig melancholisch. Dann beginnt sie zu stocken und ihr Blick schweift aus dem Fenster. Es fällt ihr schwer, die richtigen Worte zu finden, um zu beschreiben, was sich geändert hat, seitdem sie nicht mehr zur Schule geht.  „Alles ist in der Schwebe. Zeit geht unglaublich schnell vorbei.“ Ihre Freunde sind in alle Winde verstreut und es gibt zahlreiche Fragen, die sie noch klären muss. Was kommt jetzt?

Doch Amna fühlt sich überhaupt nicht im Stich gelassen bei  ihren ersten Schritten ins Erwachsenenleben und in die Unabhängigkeit. Als Alumna bleibt sie Teil der Roland- Berger-Stiftungs-Familie und kann sich weiterhin auf den Rat der Stiftung  verlassen. Das Alumniprogramm ist ein Netzwerk für alle ehemaligen Schülerstipendiaten.  Drei Seminare pro Jahr sind geplant, die spezifisch auf  die Bedürfnisse der Studenten ausgerichtet sind. „Das Netzwerk soll zugleich eine ‚helfende Hand’ für die jüngeren Stipendiaten sein, die das Abitur noch vor sich haben“, erklärt Marie-Louise Schäfer, die Projektleiterin des Alumniprogramms. Die Studenten seien den Schülern einen Schritt voraus und könnten mit ihren Erfahrungen den anderen bei Fragen und Ängsten zur Seite stehen, Seminare mitgestalten und vor allem eines: Mut machen und zeigen, dass es möglich ist, die eigenen Träume zu verwirklichen.

Amna blieb ein großer Teil der Unsicherheit nach dem Abitur erspart, da sie bereits während der Prüfungen die Zusage für ihren Studienplatz bekam. Doch auf solch einen Glückstreffer kann nicht jeder Schulabgänger zählen. Nicht alle Stipendiaten wissen genau, wie es nach dem Schulabschluss weitergehen soll. Und selbst wenn sie es wissen ist das Wunschziel oft nicht ohne Schwierigkeiten zu erreichen. ,,Was ist, wenn man keinen Numerus Clausus von 1,0 für das Psychologiestudium schafft?’’ Der 18-jährige Stipendiat Julius macht dieses Jahr Abitur und fragt sich, was passiert, wenn sein Notenschnitt nicht ausreicht. Diese Unsicherheit  bedrückt ihn und ein „Plan B“ muss her. Für alle Fälle. Nicht, dass Julius ihn wirklich nötig hätte.

Durch die jüngsten Entwicklungen im deutschen Schulsystem, vor allem durch die Einführung von G8 ebenso wie die Abschaffung des Zivildienstes, verstärkt sich der Andrang an den Universitäten. Die Folge davon ist eine abrupte Verschärfung des Numerus Clausus. In der Praxis bedeutet das, dass der Abiturdurchschnitt immer besser werden muss, wenn ein Platz im Wunschstudienfach sicher sein soll. Doch nicht jeder Abiturient kann einen Abschluss von 1,0 erreichen. Die Suche nach alternativen Berufswegen wird immer wichtiger und drängender.

Auch die Roland Berger Stipendiaten lassen diese Entwicklungen nicht unberührt. Und doch – wer einmal Stipendiat der Roland Berger Stiftung war, weiß sich gut aufgehoben und lässt sich nicht von seinem Weg abbringen. Die wertvollen Erfahrungen, die man als Schülerstipendiat im Laufe der Jahre sammelt, das Selbstbewusstsein, das durch das Stipendium auf so vielfältige Weise gestärkt wird und nicht zuletzt der intensive Kontakt zu den Mitstipendiaten, den Projektleitern und natürlich den ehrenamtlichen Mentoren geben allen Alumni den nötigen Aufwind, an ihren Zielen festzuhalten und sich nicht entmutigen zu lassen.

Denn am Ende zählt nur eins: “Hold fast to your dreams, for without them life is a broken winged bird that cannot fly.” (Langston Hughes)

von Y Nhi Duong Hoang, Hanah Gull, Julius Kittler, Susannah Reins und Bianca Weigelt

Münchner Stipendiaten erforschen ihre Heimatstadt

Ein Bericht zur Stadtrallye am 10. September von Victoria Lichtenwald

„Sommer, Sonne, Sieg“, so beschrieb der Stipendiat Haseeb das Gefühl, mit dem sich neun Münchner Stipendiaten der Roland Berger Stiftung am 10. September auf den Weg machten, im Rahmen einer Stadtrallye ihre Heimatstadt zu erforschen.

Sie waren dabei aber nicht auf sich alleine gestellt, sondern bekamen Unterstützung von Mitarbeitern von Roland Berger Strategy Consultants. So bildete jeweils ein Stipendiat ein Team mit einem Erwachsenen.

Gemeinsam gingen sie höchst konzentriert an die Aufgaben heran und legten sich zunächst einen Plan zurecht.

Was sie nicht vergessen durften, mit auf den Weg zu nehmen, waren ein Apfel und ein Ei. Das klingt vielleicht im ersten Moment etwas merkwürdig. Wozu braucht man bei einer Rallye einen Apfel und ein Ei? Etwa als Wegzehrung? – Nein, ganz und gar nicht! Eine der kniffligen Aufgaben war nämlich, den Apfel und das Ei gegen etwas anderes einzutauschen. Das beste Tauschgeschäft würde die meisten Punkte bekommen.

Lin-Chi schaffte es, gegen einen Pfirsich zu tauschen:

Sie beschrieb die Rallye als „abwechslungsreich und lustig“, denn „gewinnen ist nicht wichtig, es soll Spaß machen“.

Und das tat es! Trotz der zum Teil wirklich schwierigen Aufgaben war von Aufgeben keine Rede, und verzweifelte Gesichter sah man auch nicht, höchstens angestrengte Denkerposen.

Also fragte man direkt: „Denkt ihr an Aufgeben?“ – „Überhaupt nicht!“, so das Team von Lei.

Motiviert und zielstrebig lösten die Tandems die kniffligen Rätselaufgaben. Da fragt man sich doch, woher kam die Motivation? Vielleicht vom leckeren Eis? Denn draußen war es wirklich heiß!

Oder waren es doch die tollen Preise, die es zu gewinnen gab und die alle antrieben? Es winkten Sea Life-Freikarten, ein iPod Shuffle, eine Ice-Watch und sogar ein iPad!

Ein kluges Köpfchen und viel Kreativität waren gefragt, denn die Jury bewertete nicht nur nach Schnelligkeit und Richtigkeit der Antworten, sondern auch die Collagen, die jedes Team aus den von der Stadtrally mitgebrachten Fotos anfertigen musste.

Und dann endlich war es so weit: Siegerehrung! Die Entscheidung war nicht leicht, alle Teams hatten ihr Bestes gegeben und sich auch für die Collagen noch einmal richtig ins Zeug gelegt. Die Jury war beeindruckt. Aber dann stand das Gewinnerteam fest: John und sein Teampartner Michael Raum machten den ersten Platz.

Nach einem anstrengenden, aber sehr lehrreichen Tag, der viel Spaß gemacht hatte, durften sich schließlich alle entspannt am Buffet belohnen.

Die Kür – 2. Aufführung der „Konferenz der Tiere“

Montag, 9. Juli 2012 – Der Vorhang fällt

Bis zum Beginn der zweiten Aufführung der „Konferenz der Tiere“ sind es nur noch wenige Minuten. Die Stimmung ist gut nach der großartig gelungenen Premiere am Sonntag. Und doch merkt man, dass sich eine gewisse Wehmut breit macht. Denn wenn sich der Vorhang heute gegen 13.00 Uhr schließt, bedeutet es Abschied nehmen vom Löwen Leopold, der Giraffe Gaby, dem Eisbären Paul und all den anderen bunten Tieren und Menschen, die die FairTalent-Stipendiaten nun ein Jahr lang begleitet haben.

Die Stimmung hinter der Bühne ist entspannt wie am Sonntag. Während der Aufführung tanzen und singen die Mitarbeiter mit den Stipendiaten. Ein Kamerateam filmt das Geschehen hinter den Kulissen. Gleichzeitig werden die Requisiten auf ihre Plätze geschoben. Die eingeladenen Gäste sind Eltern, Mentoren und Mitstipendiaten aus anderen Bundesländern.

Es ist sehr erstaunlich, mit welcher Ruhe die Aufführung abläuft, sowohl auf wie auch hinter der Bühne. Die Zuschauer sind begeistert!

Nach der letzten Aufführung ist die Stimmung bedrückt, vielen Stipendiaten kommen die Tränen, weil ihnen bewusst wird, dass es die letzte Aufführung war und weil die Abiturienten nun bald aus dem Stipendium ausscheiden. Sie werden der Stiftung zwar als Alumni verbunden bleiben, manche von ihnen wollen auch Betreuer oder Mentor werden. Aber die Zeit als Schülerstipendiat der Roland Berger Stiftung ist vorbei.

Ein tränenreicher Abschied, der niemanden unberührt lässt. Das nächste FairTalent-Bühnenprojekt kommt bestimmt. Jetzt steht aber erst mal Entspannung an – die Ferien stehen vor der Tür, zumindest ein kleiner Lichtblick!

Jedenfalls wird „Die Konferenz der Tiere“ den FairTalent-Stipendiaten ewig in Erinnerung bleiben. Sie alle können sehr stolz sein auf das, was sie da geleistet haben.

Der große Tag der Premiere

Sonntag, 8. Juli 2012 – Premiere

Heute ist der lang erwartete Tag, Tag der Premiere. Die Darsteller sind schon beim Frühstück aufgeregt und haben die Nacht davor von der Premiere geträumt.

Die Semperoper ist längst ausverkauft, rund 1400 Zuschauer werden erwartet. Die Eltern, Mentoren und Freunde der Stipendiaten sind eingeladen und sind sehr gespannt auf die Premiere der „Konferenz der Tiere“. Unter den prominenten Gästen sind auch die sächsische Kultusministerin Brunhild Kurth, der Dresdner Sozialbürgermeister Martin Seidel, Michael Münch von der Deutschen Bank und natürlich der Stifter Roland Berger.

„Ich habe bei den Proben nicht zugesehen, aber ich habe mir die Musikstücke angehört und das Libretto durchgelesen. Ich freue mich sehr auf die Premiere und lasse mich von den Stipendiaten positiv überraschen“, so Roland Berger in einem Interview vor der Premiere.

Der Saal wird immer voller und die Zuseher nehmen ihre Plätze ein. Alles wartet mit Spannung darauf, dass sich der Vorhang zur Premiere öffnet. Überall blitzt es, schon die Räumlichkeiten der Semperoper begeistern das Publikum.

Dann geht es endlich los. Der Dirigent erhebt seinen Taktstock und gibt den Einsatz zur Ouvertüre. Und jetzt geht auch der Vorhang auf. Keine Spur von Lampenfieber bei den Darstellern auf der Bühne. Alles läuft bestens, kein einziger Hänger passiert, nach zwei Stunden können die Stipendiaten entspannt aufatmen: Es ist geschafft! Ein Jahr harter Arbeit hat sich bezahlt gemacht, das Publikum tobt. Einige der Zuseher haben sogar Tränen in den Augen, so rührend war das Stück. Alle sind begeistert.

„Die Stimmung hinter der Bühne war sehr angespannt und alle haben mitgefiebert, dass alles klappt“ sagt ein Stipendiat später auf der Premierenfeier. Umso größer ist die Erleichterung hinterher, dass die Premiere ein solcher Erfolg wurde.  Zugleich macht sich aber auch Traurigkeit breit unter den Stipendiaten, denn morgen heißt es Abschied nehmen von der „Konferenz“. Und das ist nach einem Jahr harter Arbeit gar nicht so einfach, haben sich doch alle ganz stark mit ihren Rollen identifiziert. „Der ‚Löwe Leopold’ ist inzwischen so etwas wie meine zweite Persönlichkeit geworden“, sagt Lars aus Sachsen über seine Rolle. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es sein wird, ihn nicht mehr spielen zu können.“

Alle Zuseher – darunter auch einige Journalisten – sind sich einig: Die Premiere war ein voller Erfolg!

Auch inhaltlich hätte sich kein passenderes Thema für die FairTalent-Stipendiaten finden können.  „Es geht um die Kinder“ ist die zentrale Aussage aus dem Stück – und genau darum geht es auch der Roland Berger Stiftung in ihrem Schülerstipendium.

Die Eltern und Mentoren sind sehr glücklich darüber, dass alle 150 FairTalent-Stipendiaten mitgewirkt haben – ob vor, auf oder hinter der Bühne. Und jeder einzelne von ihnen hat seine Sache großartig gemacht.